Man kann ein Auto nicht wie ein menschliches Wesen behandeln – ein Auto braucht Liebe.“ (W. Röhrl)

Ein Elektroauto braucht darüber hinaus noch viel Zeit und Geduld! Geduld und Voraussicht auf der Langstrecke gepaart mit Zeit und unendlicher Geduld bei jedem Ladestop.

Vor wenigen Tagen haben wir unseren Audi e-tron 55 Sportback Quattro geplant abgegeben.

Nach knapp 11.000km zwischen -15°C bis +25°C, Kurzstrecke, Langstrecke, 2kW Laden mit Schuko, 150kW Laden bei IONITY, Laden mit Wallbox, Laden an Drehstromsteckdose, Software-Updates, Alpenpässen, norddeutschem Flachland mit Schneechaos, Solo-Fahrten, Familienfahrten mit Kindern und Hund, ist es Zeit ein Fazit zu ziehen.

Was wir geliebt haben …

  • Laufruhe und Akustik im Innenraum
  • Elektrische Standheizung inkl. Sitz- und Lenkradheizung (gibt es prinzipbedingt so beim Verbrenner nicht)
  • Platzangebot. Für sich alleine sieht das Auto aufgrund der Proportionen gar nicht so groß aus, aber stellt das mal neben einen A6 Avant …
  • Qualitätsanmutung/Haptik im Innenraum
  • Matrix-LED Licht
  • Wärmebildkamera
  • Umsetzung des Allradkonzepts mit den beiden Elektromotoren – vor allem bei winterlichen Fahrbedingungen
  • Die ergonomische Handballenauflage am minimalistischen Automatikwahlhebel
  • Die aus dem Stand einsetzende Beschleunigung – auch wenn es nicht reicht, um die „Tränen der Ergriffenheit waagerecht zum Ohr hin abfließen“ zu lassen.
  • Die virtuellen Außenspiegel nachdem wir uns daran gewöhnt hatten. Die ersten 2 Wochen sind ein Time-Warp zurück in Fahrschulzeiten. Bestätigt vom Mechaniker beim Reifenwechsel, der rückwärts aus der Werkstatt fahren musste und dafür drei Kollegen als Einweiser und 10min. brauchte.
  • Die sehr gute und konstante Ladeleistung von rd. 150kW bis ca. 80% SOC.
  • Laden mit dem Originalnetzteil an einer Drehstrom-Steckdose („Kraftstrom“). Netto-Ladeleistung am Auto von knapp 10kW ohne Wallboxinstallation.
  • Die kleine gelbe Schildkröte, die im Fahrer-Display erscheint, wenn die Reichweite sich dem Ende nähert.


Was uns Geduld, Zeit und Nerven gekostet hat

  • Innen beschlagende Kamera des virtuellen Außenspiegels bei tiefen Außentemperaturen – technischer Mangel und dazu noch gefährlich.
  • Reale Reichweite bei moderater Fahrweise zwischen 170km – 330km. Super-Gau bei -15°C mit Autobahntempo 130km/h inkl. Familie und Gepäck
  • Funktionen wie der Ampel-Assistent, die sich nach 10 Tagen „Probeabo“ deaktivieren und für einen kleinen Betrag pro Jahr wieder gekauft werden können. Liebe Leute in Ingolstadt: Das sind Autos um mehr als EUR 100.000,- und ihr nehmt dem Kunden ernsthaft eine Funktion weg, damit er sie im Anschluss um EUR 50,- p.a. wieder dazu kaufen kann? Ein missglückter Erstversuch, das Prinzip des Micro-Payments auf das heiligste deutsche Männerspielzeug anzuwenden?
  • Die verschachtelten Menüs und viel zu tiefe Strukturen.
  • Die inkonsequente Nutzung des unteren Displays für die Interaktion mit dem Auto. In den meisten Fällen muss auf dem oberen Bildschirm herumgefummelt werden, obwohl das am unteren Display mit der Handballenauflage einfach genial wäre.
  • Div. Softwarefehler und System-Neustarts (die Wärmebildfunktion war vorübergehend 2 Wochen lang weg)
  • Das enttäuschende Soundsystem (zu große Erwartungshaltung an B&O?)
  • Die Ladepunkt-Planung des Navigationssystems inkl. der kaum vorhandenen Einstellungsmöglichkeiten. Besser als gar nichts, aber ABRP zeigt wie es gehen kann.


Highlights …

  • Traktion auf tief verschneiten Privatwegen mit den Kinderschlitten hinten dran als emissionsfreie Flachlandvariante des Rodelsports mit Spaß für Groß (Fahrer) und Klein (Schlittenbesatzungen).
  • Abschlepphilfe im Schneechaos für einen Mercedes E-Klasse Kombi. Sorry, Sindelfingen!
    2,6t Audi e-tron mit Allrad, jede Menge Drehmoment aus zwei E-Maschinen und gute 285er Winterwalzen ziehen auf frischer Schneefahrbahn ziemlich alles. Habe gar nicht gemerkt, dass da eine E-Klasse hinten am Abschlepphaken herumzappelte.
  • Bei schlechtem Wetter die Navi-Ausfahrt kurz vor dem nächsten Ladepunkt verpasst, mussten auf der Autobahn weiterfahren und sind mit Restreichweite von 4km (!) an der rettenden Ladesäule in einem finsteren und nachts menschenleeren Industriegebiet angekommen.
  • Die vielen anregenden Gespräche und Diskussionen mit zufälligen Passanten, die sich beim Laden oder am Parkplatz für Fahrzeug und Elektromobilität interessiert haben. Von 8 bis 80 scheinen Elektromobilität und elektronische Gadgets (z.B. Außenspiegel-Kameras) eine gewisse Anziehungskraft auszuüben.

Wir sind schon ganz gespannt, wie es uns mit unseren nächsten Elektroautos (Ja, trotz allem bleiben wir dabei!) klappt. Wir werden hier berichten …