Je mehr Elektroautos desto besser für die Umwelt? Die Antwort ist leider weder „ja“ noch „42“.

Die Antwort hängt – wenig überraschend- vom Strommix des betrachteten Landes, Region, etc. ab, da es gravierende Unterschiede im Anteil erneuerbarer Energie und deren Verfügbarkeit im Tagesverlauf gibt.

Für Deutschland sieht die Verteilung wie in der Abbildung dargestellt aus. Der Anteil erneuerbarer Energie hat sich 2020 auf 52% erhöht.

Strommix in Deutschland 2019 und 2020

Wäre es nicht ökologisch und politisch sinnvoller, die Abschaltung weiterer Kohlekraftwerke (21%) zu forcieren, anstatt elektrische Zweitautos für Wohlhabende oder per Elektromotor leistungsgesteigerte Plugin-Hybride mit Steuergeldern zu fördern? Der sog. „Kohleausstieg“ wird den Anteil der Kohlekraftwerke zwar stark reduzieren – verschwinden werden sie aber nicht.

Ein kleines Rechenbeispiel:

  • Angenommen, ein sparsames Elektroauto braucht 16kWh (z.B. Tesla 3, ID.3) auf 100km (der e-tron fast das Doppelte!) so ergeben sich daraus – bei einem Energieanteil zu Spitzenzeiten von 100% Braunkohle – wohlwollend abgeschätzte 0,95 kg CO2 je kWh und somit 15,2kg CO2 auf 100km Fahrtstrecke.
  • Ein Diesel mit 120g CO2 / km (z.B. Golf TDI 115PS) belastet die Umwelt auf der selben Strecke mit vergleichsweise geringen 12kg CO2.
  • Erst mit regenerativ erzeugtem Strom weist das Elektrofahrzeug eine deutlich bessere Bilanz auf als alle anderen Antriebsarten.
  • Natürlich ist der aufgeladene Ölbrenner garniert mit Stickoxiden und Feinstaub, die bei der Kohleverbrennung nur anteilig entstehen. Dem gegenüber ist der Abbau seltener Erden zur Batterieerzeugung problematisch.

Lokales Emissionsoptimum vs. globale Emissionsbetrachtung?

Mittlerweile gibt es eine zunehmende Anzahl von Studien und Forschungsschwerpunkten, die den Umwelteinfluss von Elektrofahrzeugen nicht nur im globalgalaktischen Strommix bewerten, sondern auch Lastspitzen im Tagesverlauf und die Verfügbarkeit unterschiedlicher Energiequellen über den Tag berücksichtigen. So ist es leicht nachvollziehbar, dass es z.B. am Abend, wenn die meisten rollenden Akkus am Netz hängen, an Solarstrom mangelt und eine Abdeckung aus anderen Quellen erfolgen muss.

Unter Berücksichtigung der o.g. Details ergibt sich aus div. Studien ein ökologisch sinnvoller Grenzwert für die Anzahl an Elektrofahrzeugen in einem Land bzw. einer Region, der vor allem vom Strommix abhängig ist. Eine detaillierte Betrachtung wurde 2020 am Wiener Motoren Symposium von Dr. K. Hatamura, Hiroshima Universität, Japan vorgestellt. („Bedingungen für die Reduzierung der WTW CO2-Emissionen von Kraftfahrzeugen durch die Verbreitung von Elektrofahrzeugen – Ermittlung der Grenzstromquelle für das Laden von Elektrofahrzeugen und Berechnung der CO2-Emissionen aus Elektrofahrzeugen„). Demnach liegt ein ökologisch sinnvoller BEV-Anteil der Gesamtflotte in den meisten europäischen Ländern bei rd. 60-70%.

Das Dogma „je mehr Elektroautos desto besser“ gilt für die Hersteller der Fahrzeuge aufgrund der vom Gesetzgeber künstlich geschaffenen Rahmenbedingungen (CO2 Flottengrenzwert). Die BEV-Initiativen können aber helfen, den maximal sinnvollen Anteil an Elektrofahrzeugen in der Gesamtflotte möglichst rasch aufzubauen, um sich der optimalen Grenze in wenigen Jahren zu nähern.

Solange der saubere Fusionsreaktor um die Ecke noch nicht in Betrieb gegangen ist, dürfen wir weder den Elektro-Hype übertreiben noch andere (konventionelle) Antriebskonzepte verteufeln, wenn wir einen optimalen Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen.

Beitrags-Zoo unter dem Motto „Traue keiner Studie, die du nicht selbst finanziert hast…“