Auf den ersten Blick ist die Zahl der öffentlichen Ladepunkte je eFahrzeug höher als die Zapfsäulen pro Benzin- bzw. Dieselfahrzeug.
In Deutschland stehen Ende 2019 rd. 47,5 Mio. Pkw einer Anzahl von grob 14.000 Tankstellen gegenüber. Angenommen, jede Tankstelle hätte 8 gleichzeitig nutzbare Benzin oder Diesel Zapfhähne, wären das 424 Pkw pro Tankmöglichkeit.
Zum gleichen Zeitpunkt gab es knapp 100.000 Elektrofahrzeuge (BEVs ohne PHEVs) und ca. 4.300 öffentlich zugängliche HPC-Ladepunkte. Das entspricht 23 eFahrzeugen je Schnellladepunkt.
Da ein Tankvorgang vergleichbarer Reichweite 31 mal länger dauert als bei einem Verbrenner und eAutos somit die Infrastruktur signifikant länger blockieren, multiplizieren wir die o.g. 23 mit 31 und kommen auf einen Vergleichswert von 713 Fahrzeugäquivalenten (zum Verbrenner) je HPC Ladepunkt. Sieht doch (noch) nicht so rosig für die Elektroautos aus.
Ab hier wird‘s mathematisch trocken und theoretisch …

Aus Sicht des Maschinenbauers mit Materialflusshintergrund sollte Little‘s Gesetz mehr Klarheit in den bisher hemdsärmeligen Vergleich bringen.
Littles Gesetz besagt, dass die durchschnittliche Anzahl von Kunden (in unserem Fall Autos) L in einem Wartesystem, welches sich in einem stabilen Zustand befindet (hoffentlich unser Ladepunkt), gleich dem Produkt ihrer durchschnittlichen Ankunftsrate λ (abhängig von der Anzahl der Fahrzeuge die auf einen Ladepunkt kommen) und ihrer durchschnittlichen Verweildauer im System W (Tankzeit) ist.
Um das Verhältnis zwischen Verbrenner und Elektrofahrzeug herauszuarbeiten treffen wir somit folgende Festlegungen:
- Die Ankunftsrate λ beträgt 424 Pkw/T (Verbrenner) und 23 Pkw/T (BEV) im Zeitraum T.
- Die durchschnittliche Verweildauer W im System beträgt im Vergleich 1t (normiert) für den Verbrenner und 31t beim BEV.
Nach Little beträgt nun die durchschnittliche Anzahl im Wartesystem der fossilen Ladestation Lf=424*1 t/T und die durchschnittliche Anzahl an der elektrischen Ladestation Le=23*31 t/T (kennen wir von oben).
Bilden wir den Quotienten aus Le/Lf = 713/424 = 1,68 bedeutet das, dass die Anzahl der HPC-Ladesäulen um rd. +68% weiter ausgebaut werden müßte, damit die Elektrotankstellendichte mit den fossilen Zapfsäulen gleich zieht. Vorausgesetzt die Neuzulassungen für Verbrenner und BEVs verändern sich prozentuell gleich, was aktuell nicht der Fall ist.
Die Zahl der HPC-Ladesäulen müßte um rd. +68% weiter ausgebaut werden, damit die Elektrotankstellendichte mit den fossilen Zapfsäulen gleich zieht.
Würden wir die insg. 24.000 öffentlich zugänglichen Ladepunkte (Ende 2019) mit großteils geringerer Ladeleistung hinzuzählen, verringert sich zwar die Ankunftsrate λ aber die Verweildauer W vergrößert sich aufgrund der längeren durchschnittlichen Ladedauer ebenso. Bringt uns beim BEV somit nix.
Unter Einbeziehung privater Ladepunkte könnte sich das Verhältnis trotz niedriger Ladeleistungen (11kW) zugunsten der BEVs verschieben. Diese Rechnung steht noch aus.
Vielleicht werfe ich doch noch mal die alte Software zur Simulation diskreter stochastischer Prozesse aus meiner Studienzeit an – schließlich fallen Ladesäulen recht häufig aus. Mal sehen …